Es tut dem Menschen gut, wenn er grüne Eindrücke erlebtWohnen im Alter: Fachtagung für die Wohnungswirtschaft
zeigte Herausforderungen für die Außenanlagen-Gestaltung auf
Koblenz (pcw). Die
Gesellschaft in Deutschland altert. Ein Trend, auf den sich die
Wohnungsgesellschaften zunehmend einstellen müssen. Und dies nicht nur durch
angepasste Wohnungsangebote, sondern auch durch Außenanlagen mit
Wohlfühl-Effekten. Dies verdeutlichte die Fachtagung ?Wohnen im Alter ? auch
das Wohnumfeld zählt? für Vertreter der Wohnungswirtschaft im Rahmen der
Bundesgartenschau Koblenz.
Mehrere Millionen Menschen
wohnen in einem Gebäude eines Unternehmens des Verbandes der Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen oder des Verbandes der
Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft, die gemeinsam 630 Wohnungsunternehmen
vertreten. ?Wir werden weniger, älter und bunter ? die Wohnungsunternehmen
wollen älteren Menschen die Chance eröffnen, so lange wie möglich im vertrauten
Wohnquartier zu leben?, betonte VdW-Vertreter Dr. Gerhard Jeschke in seinen
einführenden Worten. Ein altersgerechtes Wohnumfeld gehöre dazu. ?Was nutzt ein
barrierefreies Bad, wenn die Zuwegung zur Wohnung voller Barrieren ist.?
Mehr als 100 Interessierte waren
der gemeinsamen Einladung der Verbände der Wohnungswirtschaft wie auch der
Verbände Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Rheinland-Pfalz und Saarland
sowie Nordrhein-Westfalen gefolgt. Moderiert wurde die Fachtagung von
Hanns-Jürgen Redeker, Präsident des GaLaBau-Bundesverbandes. Wie er deutlich
machte, sind die Landschaftsgärtner die natürlichen Ansprechpartner für die
Wohnungsunternehmen, da die Experten für Garten und Landschaft von der Planung
über den Bau bis hin zur fachgerechten Pflege dafür sorgen, dass Investitionen
in Grünanlagen nicht an Wert verlieren.
Und dies ist auch ein Kriterium
für die Vermietbarkeit. Denn: ?Den Menschen wird es immer wichtiger, wie sie
sich zu Hause fühlen?, wie Peter Berg vom Präsidium des GaLaBau-Verbandes
Rheinland-Pfalz und Saarland betonte. ?Ältere Menschen sind nicht mehr so
mobil, daher wird das Wohnumfeld intensiver wahrgenommen.?
?Es tut dem Menschen gut, wenn
er grüne Eindrücke erlebt?, erläuterte Gartentherapeut Andreas Niepel,
Hattingen, zum Thema ?Gestaltung therapeutischer Außenräume, Gärten für
Demenzkranke ? ein Konzept für die Wohnungswirtschaft?. Es sei bekannt, dass
Menschen besser gesunden, wenn sie Ausblick auf eine grüne Landschaft haben.
Dabei sei grüne Wildnis aber nicht so hilfreich, wie gestaltete Gärten, die
Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Zudem sollten Gärten dazu beitragen,
das die Menschen ihre sensorischen Fähigkeiten üben können ? und Düfte erlebbar
werden.
Die ?Hochaltrigen? ? also
Menschen ab dem 80sten Lebensjahr ? werden mehr und damit steigt auch die Zahl
der Hilfsbedürftigen, die eine 24-Stunden-Betreuung benötigen, verdeutlichte
Alfred Vollmer vom Diözesan-Caritasverband Köln. In Deutschland gibt es seinen
Worten zufolge bereits elf Millionen Haushalte mit einem Haushaltsvorstand im
Alter von ?65 plus?. Wohnen im Alter sei für viele Menschen mietwohnen. 56
Prozent von ihnen wollen einen Freisitz und 43 Prozent erwarten barrierefreie
Zugänge. Wie Vollmer ausführte, wohnen nur fünf Prozent der älteren Menschen in
Heimen. Von ihnen sind allerdings bis zu 80 Prozent demenziell verändert.
Gärten sind dann für die Demenzkranken wichtig für Erinnerungsarbeit. Der
Altenpflege-Fachmann riet aber davon ab, eine ?Bushaltestelle? einzurichten,
damit die dementen Heimbewohner nicht zum Gespött ihrer Zimmernachbarn werden.
Wichtig ist bei der Anlage
seniorengerechter Gärten vielmehr, einen Rundlauf zu ermöglichen und
windgeschützte Aufenthaltsbereiche in Wohnungsnähe zu schaffen. Laut Ute
Wünsch, Landschaftsarchitektin aus Bad Kreuznach, sollten solche Gärten
Naturerlebnisse ermöglichen und pflegeleicht sein. Hochbeete und spezielle
Möbel kommen dabei der geringeren Beweglichkeit älterer Menschen entgegen.
Ein Hochbeet kann schnell zum
Treffpunkt werden, berichtete Sabine Merschjohann, Geschäftsführerin der
Rheinisch-Bergischen Siedlungsgesellschaften GmbH, aus ihren Erfahrungen. Sie
erinnerte daran, dass die Wohnungsgesellschaften heute aktiv werden müssten, um
in 20 Jahren noch erfolgreich zu sein. Ihre Empfehlung: ?Mit offenen Augen
durch die Siedlung gehen und schauen, was man verbessern kann.?
Gartenaktivitäten der Mieter sollten zugelassen werden, solange
Verkehrssicherheit und Nachbarschaft nicht beeinträchtigt werden. Gut
angenommen werden ein Generationen-Spielplatz und eine Boule-Bahn.
?Es gibt auch 80- bis
90-Jährige, die noch fit sind und an Gartenarbeit interessiert?, steuerte Karl-Heinz
Abraham seine Erfahrungen als Vorstandsvorsitzender des Wohnungsvereins Herne
bei. Wer den Bewohnern anbiete, ihr Wohnumfeld mit zu gestalten, werde sich
wundern, welche Aktivitäten sich entwickeln. Vom Bohrhammer-Denkmal bis zur
selbst erstellten Boule-Bahn konnte er Beispiele nennen. Zudem stellte Abraham
eine Mehrgenerationen-Wohnanlage vor, die durch eine Wohnungsinsel für
Pflegebedürftige ergänzt wird. Sein Fazit: ?Senioren wollen kein künstliches,
steriles Wohnumfeld, sondern sie wollen mitgestalten.?
Da Senioren häufig langjährige
und zahlungskräftige Kunden sind, hält es Ines Thiele von der WB Wohnraum Mainz
GmbH & Co. KG, für richtig, die Senioren bei der Schaffung attraktiver
Grün- und Aufenthaltsflächen einzubeziehen und Mieter-Initiativen zu
unterstützen. Dabei ist auch auf die Art der Kommunikation zu achten. Schlecht
an kommen klein gedruckte Texte und überfrachtete Inhalte. ?Grau und bunt? höre
nicht gern ?seniorengerecht?, ?barrierefrei? oder ?behindertengerecht?. Besser
sei, von ?Komfortwohnen? zu sprechen. Dennoch sei die Nachfrage nach
Barrierefreiheit riesig, so Ines Thiele.
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Dr. Gerhard Jeschke: ?Was nutzt
ein barrierefreies Bad, wenn die Zuwegung zur Wohnung voller Barrieren ist.?
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Hanns-Jürgen Redeker: Die
Experten für Garten und Landschaft sind die natürlichen Ansprechpartner für die
Wohnungswirtschaft, wenn es um funktionale und attraktive Gestaltungen von
Grünanlagen und Zuwegungen geht.
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Peter Berg vom Präsidium des
GaLaBau-Verbandes Rheinland-Pfalz und Saarland: ?Den Menschen wird es immer
wichtiger, wie sie sich zu Hause fühlen.?